Die Geschichte eines Hauses
Sie begann mit einem Zufall, einem glücklichen, wie wir gleich sehen werden.
Er bestand darin, dass den Pfadfindern ein Haus geschenkt wurde, ein nicht gerade alltäglicher Vorgang. Dieser es verdient, etwas ausführlicher in einer Chronik festgehalten zu werden.
Bei der Schenkung handelte es sich um ein Holzfertighaus französischen Ursprungs, das in Mannheim-Rheinau stand und dort kurzfristig abgebaut werden sollte. Dies war eine mühevolle Arbeit, welche sich über einige Wochenenden erstreckte.
Als diese Arbeit beendet und das Haus in Wiesental gelagert war, begann die Suche nach einem geeigneten Platz. Der Wunsch war, das Haus im Schwarzwald aufzustellen um es nicht so zeitraubend anfahren zu müssen. Das war nicht einfach, aber auch hier kam ein glücklicher Zufall zu Hilfe.
Die Pfadfinder waren zu einem Sommerlager in Bermersbach im Murgtal. In der Nähe wurde ein Sportplatz gebaut und der Bürgermeister kam gelegentlich vorbei, um nach dem Stand der Arbeiten zu sehen. Dabei kam das Gespräch auch auf die Platzsuche für das Haus. Der Bürgermeister war nicht abgeneigt, nach einem geeigneten Gelände Ausschau zu halten. Es fand sich ein geeigneter Platz ganz in der Nähe des Sportplatzes. Damit schien das Problem gelöst. Weit gefehlt, es begann erst. Bei näherem Hinsehen war es nicht ein Problem, es war ein ganzes Bündel.
Da es sich um einen Bau im Außenbereich handelte, mussten Genehmigungen eingeholt werden. Zuerst natürlich beim Gemeinderat. Der erste Rückschlag kam postwendend. Der Gemeinderat lehnte ab, da so das Schreiben beim Sportplatz ein Sanatorium gebaut werden sollte, wobei das Jugendheim stören würde. Dieses Projekt zerschlug sich, wieder ein glücklicher Zufall und der Gemeinderat stimmte beim zweiten Anlauf zu.
Nun kam ein weiterer harter Brocken, der Natur- und Landschaftsschutz. Hilfe kam dieses Mal von unserem Abgeordneten, dem damaligen Landtagspräsidenten. Nachdem auch diese Hürde genommen war, konnte das Gelände gekauft werden. Von zunächst vier Grundstückseigentümer wurden Wiesen in dem Gewann der „Vorderen Altebet“ erworben und zwar rund 62 Ar. Allerdings machte schon bei den ersten Verhandlungen der Bürgermeister von Bermersbach klar, dass das Gelände nur von der Gemeinde Wiesental erworben werden darf, die auch als Bauherr und Eigentümer des Hauses auftreten muss. Die Gemeinde Bermersbach hatte schlechte Erfahrungen mit Organisationen und Vereinen gemacht und wollte aus diesem Grunde Problemfälle nur mit der politischen Gemeinde lösen. Daher schied auch die Pfarrgemeinde als Träger aus.
An dieser Stelle verdient festgehalten zu werden, dass sich der Gemeinderat von Wiesental sofort mit diesen Bedingungen einverstanden erklärte und das Vorhaben von Anfang an in jeder Weise unterstützte.
Bevor der Bauantrag aber endgültig genehmigt werden konnte, mussten die Behörden ihre Zustimmung erteilen. Es waren dies, außer dem schon genannten Landschaftsschutz, noch das Forstamt, das Wasserwirtschaftsamt, Gesundheitsamt, Feuerschutz und Jugendamt, das Regierungspräsidium und das Bezirksbauamt des Landkreises Rastatt. Es waren mittlerweile vier Jahre vergangen, bis endlich mit dem Bau begonnen werden konnte. Als das Kellergeschoss betoniert war und man darauf das Haus erstellen wollte, hatte der Holzwurm ganze Arbeit geleistet d.h., das Holzhaus war nicht mehr verwendbar. Nun hatten sowohl das Regierungspräsidium wie auch das Bezirksbauamt wiederholt versichert, dass ohne das Vorhandensein des Holzhauses eine Baugenehmigung nie erteilt worden wäre. Sollte das Fertighaus nicht zur Aufstellung kommen, müsse neu geplant und das ganze Genehmigungsverfahren nochmals durchgezogen werden. Da half nur eines, die Wände in Massivbauweise hochziehen, was auch geschah mit dem Erfolg, dass der Bau eingestellt wurde. Er ruhte dann drei Monate, bis auch dieses Hindernis genommen war. Im Nachhinein muss man dem Holzwurm dankbar sein, denn nun wurde das Haus so gebaut, dass es richtig winterfest war und außerdem der Dachraum benutzbar wurde. Nur die Kosten wurden höher und die Kapitaldecke, ohnedies nicht reichlich bemessen, noch knapper. Wie überhaupt die Finanzierung einiges Kopfzerbrechen bereitete.
Die Gemeinde hatte den Platz gekauft und dazu noch einen Zuschuss gegeben. Die Pfarrgemeinde gab ebenfalls einen Zuschuss und kaufte auch nach Fertigstellung des Hauses von den zur Abrundung benötigten Wiesen zwei dazu, währen die Gemeinde Waghäusel die letzte dieser Wiesen erstand. Das ganze Areal besteht heute aus 103 Ar. Weitere Geldmittel kamen aus dem Jugendplan des Landkreises und des Regierungspräsidiums. Trotzdem blieb noch eine große Lücke, die die Pfadfinder auffüllen mussten und, dass die Götter den Preis vor den Schweiß gesetzt hatten, mussten auch sie erfahren. Es kann an dieser Stelle die große Anstrengung, der es bedurfte, nur angedeutet werden. Über Jahre wurde an den Wochenenden gependelt und so mancher Urlaub ging dabei drauf. Die Heuscheunen, sie stehen im Murgtal unter Landschaftsschutz, wurden kurzfristig „zweckentfremdet“ und dienten als Küche, Lager- und Schlafstätte. So war man immer nah am Bau und verlor keine Zeit.
Nach dreijähriger Bauzeit mit über 11000 Stunden geleisteter Eigenarbeit konnte am 4.September 1977 das Haus eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben werden. Wir hoffen, wie es auch in den Ansprachen bei der Einweihungsfeier zum Ausdruck kam, dass das Haus vor Feuer und allem Unglück bewahrt bleibt und vielen Menschen, besonders der Jugend, Erholung und Freude bringt.
Rückschauend muss man sagen, dass ohne das große Verständnis der Ortschaft Bermersbach, der Hilfe der Gemeinde und Pfarrgemeinde Wiesental und der genannten Behörden, vor allem aber ohne die große, teilweise bis an die Grenze der Belastbarkeit gehende Anstrengung der Pfadfinder, Eltern und der Fördergemeinschaft, dieses Werk ein Wunsch geblieben wäre.
Blicken wir heute von „unserem Haus“ über die Ortschaft Bermersbach, bis weit ins Murgtal und die Schwarzwaldberge, dann mit einem Gefühl des Stolzes, aber auch der Dankbarkeit für alle, die dieses Werk geschaffen haben: „Ein Stück Wiesental in einem Wiesental im Schwarzwald“.
Seit der Einweihung 1977 erfreut sich das Haus nach wie vor wachsender Beliebtheit. Jährlich verbringen ca. 1200 Jugendliche aus den verschiedensten Vereinen sowie Schulklassen, Familien und natürlich unsere Pfadfinder Freizeiten in unserem Haus.
Dies hat zwangsläufig auch unerfreuliche Spuren hinterlassen, so dass inzwischen der größte Teil des Hauses renoviert werden musste. Ein neues Dach war fällig, eine Sonnenterrasse wurde angelegt, die Außenanlagen wurden erweitert, die komplette Wasserversorgung musste erneuert werden und die Abwasserentsorgung wurde an das Kanalnetz von Bermersbach angeschlossen. Auch für diese Maßnahme erhielten wir eine finanzielle Unterstützung von der Stadt Waghäusel.
Übrigens trägt sich das Haus unserem Ziel entsprechend kostenmäßig weitgehend selbst.
Auch hat sich in den vergangenen Jahren das gute Verhältnis zur Bevölkerung von Bermersbach gefestigt. Dies ist nicht zuletzt auch ein Verdienst unserer Mieter, die sich auch größtenteils in unserem Haus ordentlich benommen haben.
Leider verstarb im Jahr 1993 unser Hausmeister Trudbert Machauer, der von Anfang an das Haus mit großer Einsatzfreude betreut hat. Seine Frau Irmgard hat diese Aufgabe dann übernommen und wird dabei von dem Ehepaar Roth tatkräftig unterstützt. Wir möchten uns auf diesem Wege ganz herzlich dafür bedanken.
Unser Dank gilt ebenso allen Helfern, die alljährlich im Einsatz sind, wenn es darum geht, das Haus in gutem Zustand zu halten, um den Besuchern auch weiterhin den Erholungswert und den gewohnten Komfort bieten zu können.